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Im Land der Geländeschikanen

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Diese Woche von Romoos auf den Napf und nach Luthern Bad (LU/BE) Wir sind zu viert, es nieselt, als wir in Romoos, Post aus dem Bus steigen. Ein Startkafi drängt sich auf, das Kreuz hat offen, schön so. Das letzte Mal, als ich dort einkehrte, sassen am Nebentisch Goldsucher: Ein Führer aus der Gegend und Leute aus der Stadt, die unten an einem der Bäche Gold gewaschen hatten; dafür sind die Gewässer am Napf bekannt. Ob das Team reich geworden war, erschloss sich mir nicht. Die Leute sahen jedenfalls zufrieden aus. Als wir wieder ins Freie treten, nässt es immer noch, wir montieren Regenjacken und Hüte und ziehen los, dem Napf entgegen. Der Anfang ist leicht, ein sanfter Aufstieg nach Oberlingetli und Schwändi. Dann eine jener Geländeschikanen, für die das Land am Napf berühmt ist; es ist zerschnitten von tiefen Gräben. Wir müssen hinab zum Goldbach, bevor es wieder aufwärts geht mit uns. Immerhin wird uns dabei warm.

Wie bei Hieronymus Bosch

Wir gehen bald auf einem Höhenzug. Nach dem Breitäbnet, zum Punkt Änzilegi hin, wird der Pfad im Wald plötzlich schmal, die Baumwurzeln im Boden sind glitschig, der Wind rüttelt und schüttelt uns, das ist abenteuerlich – und hiermit kommt in dieser Kolumne der Moment, in dem ich etwas zum Thema Sicherheit sage: Erstens gehe man, schon gar nicht zu dieser Jahreszeit, allein auf solchen Wegen. Und zweitens gibt es Alternativen: Wer von Romoos her via Holzwäge und Goldsitenegg oder von Menzberg her via Oberwaldegg und Gmeinalp läuft, gelangt einfacher, ja problemlos auf den Napf.

Bei der Stächelegg wieder einmal Staunen über den gewaltigen Geländeabbruch zur Rechten, diesen Teufelskessel der Natur. Nebelfetzen steigen aus der Tiefe auf, glatt geschmirgelt wirkten die senkrechten Fluhen, der Abgrund wirkt wie von Hieronymus Bosch ersonnen. Im Sommer würden wir gruselnd verweilen, doch eben, es ist kalt, und so gehen wir zügig weiter. Kurz darauf schält sich ein verwitterter Holzkasten aus dem Nebel: das Gipfelgasthaus auf dem Napf. Wir treten ein, freuen uns: Wir sind allein in der Wirtschaft!

Okay, ich gebe es zu, der letzte Satz war gelogen. Man ist auf dem Napf eigentlich nie allein, der Berg geniesst die kultische Verehrung der Wanderer ebenso wie der Biker, er zieht viel Volk an bei jedem Wetter. Immerhin sitzen da ausnahmsweise nicht allzu viele Leute. Wir nehmen eine Schweinsbratwurst mit Pommes frites und hernach die Meringue. Dann einen Kafi Schnaps, einer liegt drin, mehr nicht, denn im Folgenden ist Trittsicherheit gefragt.

Klein Einsiedeln im Luzernischen

Kupiert der Schlängelweg durch den Wald hinab zur Trachselegg. Und wieder die Sicht auf benachbarte Eggen und offene Nagelfluh und alles im verzaubernden Dunst. Gegen das Mittelland zu ist der Horizont offen. Mitteley, Vorey, dann langen wir in Luthern Bad an. Wann der Bus zum Bahnhof Zell fährt, haben wir im Voraus geklärt und dabei Zeit für eine Schlusseinkehr eingeplant. Sowie für die Visite in der Kirche Maria Heilbronn. Sie ist ein Wallfahrtsziel, wie überhaupt Luthern Bad als Einsiedeln des kleinen Mannes, der kleinen Frau gilt; an jenem Schwyzer Vorbild misst man sich. Die hübsche Geschichte dazu: Als in Luthern Bad vor mehreren Hundert Jahren die heilsame Quelle zu fliessen begonnen habe, soll in Einsiedeln das Wasser aus einer der 14 Brunnenröhren versiegt sein.

 

++ Route: Romoos, Post (Bus ab Bahnhof Wolhusen) – Weierhüsli – Oberlingetli – Schwändi – Goldbach – Unterlänggrat – Oberlänggrat – Breitäbnet – Änzilegi – Stächelegg – Napf – Alp Trachselegg – Mitteley – Luthern Bad (Bus nach Zell, Bahnhof; unbedingt Fahrplan konsultieren, wenige Kurse!).

Wanderzeit/Höhendifferenz: 4 3/4 Stunden. 862 Meter aufwärts, 774 Meter abwärts. GPX-Datei hier. Im Unterschied zu dieser Hauptvariante sind die beiden folgenden Varianten erstens etwas kürzer und zweitens technisch einfacher.

Variante 1: Romoos – Weierhüsli – Säumettle – Fuchsenegg – Holzwäge – Goldsitenegg – Änzihüsli – Oberänzi – Änzilegi. Ab hier wie in der Hauptvariante zum Napf und hinab nach Luthern Bad. Total 4 1/4 Stunden. 757 Meter aufwärts, 675 Meter abwärts. GPX-Datei hier.

Variante 2: Menzberg – Oberlehn – Oberwaldegg – Gmeinalp – Chrothütte – Stächelegg. Ab hier wie in der Hauptvariante zum Napf und hinab nach Luthern Bad. Total 4 Stunden. 609 Meter aufwärts, 746 Meter abwärts. GPX-Datei hier.

Wanderkarte: 234 T Willisau, 1:50’000.

Charakter: Grandioses Hügelland mit nicht zu unterschätzenden Passagen, steil, kupiert, glitschig. Auf keinen Fall weiche man vom Weg ab, gefährliche Tobel.

Höhepunkte: Die urweltliche Stächeleggfluh. Die Ankunft auf dem Napf, die Meringue im Gasthaus. Kinder: Machbar, doch muss man sie beaufsichtigen.

Hund: Keine Probleme.

Einkehr: Romoos, Kreuz: Mo Ruhetag. Napf, Gipfelgasthaus: Bis Ende November durchgehend offen, danach Mo Ruhetag. Luthern Bad, Hirschen: Mo Ruhetag.

Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal. ++

Der Beitrag Im Land der Geländeschikanen erschien zuerst auf Outdoor.


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