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Channel: Thomas Widmer – Outdoor
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Diese Woche von Braunwald, Gumen nach Klöntal, Plätz (GL/SZ)

Ein schwüler Tag, der Himmel bedeckt, wir fahren mit der Standseilbahn hinauf nach Braunwald und finden dort: Doch, riskieren wirs, es wird uns schon nicht grad verhageln! Also hinüber zur Gumenbahn und gleich noch einmal eine Bergfahrt, diesmal in der Gondel.

Auf Gumen, 1901 Meter über Meer, reckt sich vor uns der Ortstock gegen den Himmel, Braunwalds Hausberg. Auch er ist übrigens ein tolles Wanderziel.

Wir ziehen los, der Weg führt leicht aufwärts durch den Hang, die Alpenflora könnte dazu führen, dass man immer wieder stillstünde und gar nicht vorwärtskäme; wir geben uns Mühe, die Blümlein zu ignorieren. Bald wird der Weg steiler. Das Bützi, wie unser erstes Ziel heisst, will erobert sein, einmal meinen wir, wir seien oben, doch es ist nur ein Zwischenplateau. Bereits zieht sich das Feld in die Länge, wir sind zu fünft und gut einen halben Kilometer auseinander.

Das Bütziwunder

Endlich das Bützi; wir stehen auf der Grenze der Kantone Glarus und Schwyz. Und wir sehen vor uns ein Wunder, das uns die nächsten drei Stunden begeistern und verzaubern wird. In der Gegend zwischen Braunwald, dem Bisistal und dem Pragelpass erstreckt sich das grösste Karstgebiet der Schweiz. Eine graue Wüste aus Kalk, in die Regen und Schmelzwasser tiefe Scharten gefräst haben.

Man spricht auch von Karrenfeldern. Die Sage geht, dass der Teufel hier einst zwei Feuergäule vor einen Pflug spannte und wie ein Besessener Rinnen in den Boden zog. Durch den Karst halten wir vorwärts, setzen unsere Schritte vorsichtig, dies ist keine Gegend für den Hans Guck-in-die-Luft. Auf einem Schneefeld ruhen Schafe, die es kühl mögen. Endlich die grüne Oase der Erigsmatt, bei der Schäferhütte rasten bereits einige andere Wanderer. Der Himmel hält sich ruhig, gut, sind wir losgegangen. Ein Vergleich, den ich früher machte, fällt mir an dieser Stelle wieder ein: die Karrenfelder mit ihren scharfen Spitzen sind wie ein gefrorenes Meer. Das fünfte Mal schon bin ich auf ihnen unterwegs, dies ist eine meiner Lieblingsrouten.

Chlü

Und weiter, hinauf zum höchsten Punkt des Tages auf 2252 Metern; in der Nähe pfeifen die Murmeli. Hernach geht es nur noch abwärts. Das Wandern im Kalk ist beschwerlich, der Abstieg endlos, die Knie knacken, während wir Stufe um Stufe Höhe vernichten. Beim Drecklochstafel ist der Karrenspuk mehr oder minder vorbei, stattdessen Gras, Felsen, Geröll. Unter uns sehen wir das Tal der Rossmatter Chlü; so die Glarner Aussprache von «Klön». Zur Rechten ein Wasserfall, der jederzeit einen Schweiz-Tourismus-Kalender schmücken könnte, das Wasser kommt vom Firn des Glärnisch.
Bei Wärben erreichen wir ein Strässchen, und kurz darauf langen wir bei der Wirtschaft des Alpweilers Chäseren an; herrlich das Bier und der Alpkäse. Wir könnten jetzt Schluss machen und einen Platz im Alptaxi des Wirtes, einem Pinzgauer, reservieren. Wir verzichten, Ehrensache, die letzte Stunde auf dem Strässchen zu laufen. Also noch einmal 400 Meter abwärts. Kurz vor dem Restaurant von Klöntal-Plätz beginnt es zu regnen in sanften, grossen Tropfen. Was für eine Dramaturgie des Himmels! Was für ein Tag überhaupt! Ich will und werde diese Route ein sechstes Mal machen.

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Route: Braunwald, Bergstation Gumen (kombinierte Bahn mit Sesseln und Gondeln ab Braunwald) - Bützi - Erigsmatt - Gletti - höchster Punkt der Wanderung auf 2252 Metern - Brunalpeli - Napf - Läng Boden - Dreckloch - Drecklochstafel - Zeinenstafel - Wärben - Chäseren - Chlüstalden - Stutzwald - Klöntal, Plätz.

Wanderzeit: 5 1/2 Stunden. Plus eine Viertelstunde am Morgen von der Braunwald-Standseilbahn(Bergstation) zur Talstation der Gumenbahn.

Höhendifferenz: 470 Meter auf-, 1525 abwärts.

Kürzer: Eine Stunde Gehzeit und 400 Höhenmeter abwärts spart, wer von der Chäseren das Alptaxi des Wirts nimmt. Er fährt die Strecke regelmässig. 15 Franken.

Wanderkarte: 246 T Klausenpass und 236 T Lachen, 1: 50 000.

GPX-Datei: Hier downloaden.

Retour: Bus ab Klöntal, Plätz hinab zum Bahnhof Glarus.

Charakter: Eine der grossartigsten Landschaften der Schweiz, eine Kalkwüste. Anstrengend, weil man seine Schritte im Schrattenkalk vorsichtig setzen muss.

Höhepunkte: Die Eroberung des Bützi, wo man plötzlich die Kalkfelder vor sich hat. Die grüne Oase Erigsmatt. Die Einkehr auf der Chäseren-Alp.

Kinder: Machbar, aber anstrengend.

Hund: Machbar, aber anstrengend.

Einkehr: Am Anfang auf Gumen und am Schluss in Klöntal, Plätz. Und eine Stunde vor Wanderschluss auf Chäseren (offen je nach Witterung, 055 640 11 77).

Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.

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