Diese Woche von Sursee auf den Blosenberg und nach Beromünster (LU)
Vom Bahnhof Sursee schlendern wir in die Altstadt. Vor dem Rathaus, einem Prunkbau, mit dem das Landstädtchen früh Selbstbewusstsein zeigte, steht eine Frau. Sie sagt: «Sind Sie die Gruppe, die gebucht hat? Ich wäre die Führerin.»
Wir müssen die Frau enttäuschen. Eindruck macht uns der frühneuzeitliche Pranger hinter ihr an der Fassade des Rathauses, schweizweit eine Seltenheit. Bis ins 18. Jahrhundert war er in Betrieb. Wer in der leicht erhöhten Mauernische angekettet stand, war dem Spott und der Verachtung seiner Mitmenschen ausgesetzt.
Die sehr hohe Berghütte
Wir lassen Sursee hinter uns, erfreuen uns am Anblick des Sempachersees, überqueren die Autobahn, kommen nach Schenkon und Greuel; ein paar Neubauten passen zum Ortsnamen. Dann der Chäseriwald. Steil. Auf dem Grüt eine moderne Kapelle von 1961. Wir kommen mit einem alten Bauern ins Gespräch. Er erzählt, er sei früher viel in den Bergen gewesen, habe in Italiens höchster Berghütte auf 6700 Metern übernachtet. Wir widersprechen nicht.
Bald kommt auf dem Blosenberg – 8000, Pardon, 800 Meter über Meer – ein gewaltiger, dabei wunderbar filigraner Turm in Sicht: der Sendeturm des einstigen Landessenders Beromünster, 217 Meter hoch. Bevor wir ihm huldigen, biegen wir freilich, als wir auf dem Berg sind, rechts ab zur Kuppe mit dem Wasserreservoir. Ein rot lackierter Kasten auf einer Säule steht da mit einem Lautsprecher. Und unsere Wanderung verwandelt sich in eine Radiowanderung.
In und um Beromünster gibt es seit einiger Zeit einen «Radioweg». Die Säule ist eine Hörstation, die Nummer sieben von sieben solchen Stationen. Wir treten näher, drehen das Ding an, eine Stimme erzählt uns, wie damals im Jahr 83 die ersten privaten Lokalradios kamen. Wir finden das alle informativ und lustig. Einzig unser professioneller Medienjournalist mault. Er kennt das alles zu gut.
Bevor wir nun auf dem Radioweg hinab nach Beromünster halten, von Station sieben bis Station eins, bevor wir also zurück in die 1930er-Jahre reisen, begeben wir uns zum Sendeturm. Er ist mit einem Drahtzaun geschützt und macht in seinen Dimensionen noch mehr Eindruck als von fern.
Tabakschüür und Waldkathedrale
Hernach geht es abwärts mit uns, wobei wir bei jeder Hörstation innehalten und zuhören. Zudem schauen wir in der Huebe in die Tabakschüür, eine Besenbeiz, von deren Decke tatsächlich Tabakblätter baumeln. Es ist unsere viertletzte Attraktion. Die drittletzte, das ist die Waldkathedrale im Schlössliwald. Um 1790 errichtete man an erhöhter Stelle über Beromünster eine Art englischen Garten mit Rabatten, Kieswegen, halbhohen Hecken und Bäumen, wobei der Grundriss in allen Einzelheiten den einer Kathedrale nachahmte. In ihr durften die Chorherren des nahen Stifts lustwandeln. Heute erahnt man die einstige Herrlichkeit zwar noch, doch ist die Anlage aus der Form gewuchert und gewachsen. Die Bäume sind viel zu hoch.
Die zweitletzte Attraktion ist kurz darauf das Stift, ein Ensemble von Gebäuden und Prunkhäusern um die Kirche mit ihren Kunstschätzen. Beromünster war einst eine Klerikerrepublik, eine besonders stolze Ausformung des hiesigen Katholizismus. Wir Banausen finden freilich die letzte Attraktion noch interessanter. Im Hirschen, dem 500-jährigen Gasthof mit der roten Treppengiebelfassade, schlagen wir Radiowanderer uns den Bauch voll mit den allerherrlichsten Speisen.
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Route: Sursee Bahnhof – Altstadt – Schenkon/Greuel – Chäseriwald – Grüt – Blosenberg, Wasserreservoir, Punkt 805 m. Ab hier (Hörstation 7) folgen wir dem Beromünster Radioweg (wir gehen ihn umgekehrt, von 7 nach 1): Blosenberg 783 m – kurzer Abstecher zum Sendeturm auf 797 m und retour – Oberlosen – Erlosen – Huebe/Besenbeiz Tabakschüür – Schlössliwald/Waldkathedrale – Stift – Beromünster, Flecken (Bus).
Wanderzeit: 2 3/4 Stunden. Nicht inbegriffen ist die knappe Stunde Hörzeit an den Hörstationen.
Höhendifferenz: 320 Meter aufwärts, 186 abwärts.
Wanderkarte: 234 T Willisau und 235 T Rotkreuz, 1:50’000.
GPX-Datei: Hier downloaden.
Retour: Mehrere Buslinien ab Beromünster, eine führt nach Sursee.
Radioweg: Den Prospekt kann man auch als PDF downloaden.
Waldkathedrale: Hier und hier gibt es Informationen.
Charakter: Allerhöchstens mittlere Anstrengung. Viel Aussicht vom Blosenberg. Amüsante Radioreminiszenzen an den sieben Hörstationen.
Höhepunkte: Sursees Altstadt, immer wieder schön. Der Rundblick vom Blosenberg. Die Waldkathedrale, Architektur in der Natur. Der Blick auf Beromünster vom Schlössliwald. Das Essen im Hirschen Beromünster.
Kinder: Perfekt.
Hund: Perfekt.
Einkehr: In Sursee und Schenkon. In der Besenbeiz Tabakschüür in der Huebe kurz vor Beromünster muss man sich anmelden (oder man spekuliert), 079 712 00 59. Der Hirschen in Beromünster (sehr gute Küche) hat am Mo/Di Ruhetag und schliesst leider jeweils von 14 bis 17 Uhr. Im Ort gibt es weitere Lokale.
Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.
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Der Beitrag Die Radiowanderung Beromünster erschien zuerst auf Outdoor.