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Channel: Thomas Widmer – Outdoor
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Eine Sennhütte mitten im Aargau

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Diese Woche von Brugg nach Laufenburg AG

An einem schönen Sonntagmorgen fahre ich ohne Plan nach Brugg. Warum Brugg? Weil ich die alte Stadt mag und der Jura nahe ist. In dieser Gegend kann man immer wandern. Um acht komme ich an, steige aus, studiere die Wegweiser. Köstliche Qual der Wahl. Schliesslich entscheide ich mich für den Weg nach Laufenburg.

Einen Kaffee noch, dann ziehe ich los, ohne den Zwang, schnell sein und zu einer bestimmten Zeit ankommen zu müssen – dies ist die beste aller Gangarten. Vorbei am Stadthaus, einem mit Rokoko-Zierrat geschmückten Prachtgebäude, gehe ich hinunter zur Aare. Der Tatsache, dass der Fluss sich auf dieser Höhe zu seiner schmalsten Stelle im Mittelland verengt und zudem beide Ufer leicht zugänglich sind, verdankt der Ort seine Bedeutung; hier war einst gut eine Brücke bauen.

Der Freiluftkiosk wartet schon

Über die Aare und auf Kopfsteinpflaster den Hansfluhsteig hinauf, schon bin ich im Wald und schlage jene Nordwestrichtung ein, die mir bis Wanderende bleiben wird. Durch eine grössere Siedlung, die wohl zu Riniken gehört, und vorbei an einem Schild, das den Schiessplatz Krähtal anzeigt, erreiche ich Kirchbözberg. Ein Bilderbuchweiler ist das mit einer Kirche, die in der Urform im 11. Jahrhundert an dieser wichtigen Wegkreuzung entstand, bei der sich die Routen Brugg–Laufenburg und Stilli–Fricktal schneiden. Zur Kirche gehören ein spätgotisches Pfarrhaus und die Pfarrscheune; so ein Geistlicher muss auch essen.

Weiter oben am Hang liegt Oberbözberg. Wieder eine Grossportion Wald, und schon komme ich im Weiler Sennhütten an. Eine Art Freiluftkiosk erwartet mich. Ich kaufe mir einen Sirup, setze mich auf eine Bank und horche in den Morgen; einzig ein Biker stört die Ruhe, indem er laut auf seinem Handy telefoniert. Ein Paar wirtet in der Sennhütte, das sich einst in der Dimitri-Schule in Verscio im Tessin kennen lernte; man war danach mit Zampanoo’s Variété unterwegs, tourte mit einem eigenen Programm. Später verwirklichten sich Eva und Pesche Panero ihren Lebenstraum, so die Website, und kauften die Liegenschaft Sennhütte, die halb Herberge, halb einfache Beiz ist.

Auf den letzten Kilometern

Durch den Marchwald halte ich zum Schinberg hinüber. Zur Rechten hebt sich der Cheisacherturm aus dem Wald, ein Panoramaturm, der 2010 eröffnet wurde und das neue Wahrzeichen der Gegend ist. Angesichts des hellen Holzturms packt mich Wehmut. Lange ist es her, dass mein Grüppli und ich ihn erstiegen. Karin und ihr Partner René, zwei liebe Menschen aus einem nahen Dorf, erwarteten uns damals am Fuss des Turmes und bewirteten uns aufs Feinste. Zwei Freundinnen, die damals mitwanderten, sind mittlerweile nicht mehr am Leben; der Tod hat auch mein Wandergrüpplein heimgesucht.

Fertig Düsternis, die Natur ist beeindruckend schön. Am Hang des Schinbergs entlang, der geologisch zum Tafeljura gehört, wandere ich durch dichtes Laub vom Vorjahr und muss aufpassen, dass ich in der Steilpartie hinab zum Sulzerberg nicht stürze. Bald darauf bin ich in Laufenburg und gehe mir das alte Städtchen anschauen.

Ah ja, etwas Kurioses muss ich zu der Route noch erwähnen. Oberhalb von Laufenburg sah ich im Wald einen Steinsockel, der in eine Soldatenbüste mit Helm übergeht. Die Inschrift stammt von Soldaten des Zweiten Weltkriegs, die wohl ein wenig frustriert waren. Sie lautet: «Hier ruht unser Urlaub 1939–1945.»
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Route: Brugg SBB - Altstadt, Brücke über die Aare - Langibirche - Röti - Chrendel - Wüestwald - Kirchbözberg - Chapf - Oberbözberg - Letzi - Sennhütten - March - Solbacher - Chesselmatt - Sulzerberg - Waldhaus - Laufenburg SBB.

Wanderzeit: 51/2 Stunden.

Höhendifferenz: 577 Meter auf-, 611 abwärts.

Wanderkarte: 215 T Baden und 214 T Liestal, 1:50'000.

GPX-Datei: Hier downloaden.

Retour: Bus oder Bahn, Fahrplan konsultieren.

Charakter: Schöne, mittelstrenge Wanderung mit viel Wald und Wiesen und gutem Ausblick. Einige Stücke auf Hartbelag.

Höhepunkte: Bruggs Altstadt. Der historische Weiler Kirchbözberg. Der einsame Abstieg durch die Schinbergshalde.

Kinder: Gut machbar.

Hund: Keine Probleme.

Einkehr: Sennhütte in der Mitte der Wanderung. Einfaches Beizli. Sommer-Öffnungszeiten: Di bis Fr. 11 bis 19 Uhr. Sa 10 bis 19 Uhr. So 9 bis 18 Uhr. In der Sennhütte kann man auch (Doppelzimmer oder Dachstock) übernachten. Achtung: Betriebsferien vom 13. April bis 20. April.

Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.

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