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Zwei Höllenritte und eine sanfte Wanderung

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Diese Woche von den Fideriser Heubergen aufs Mattjisch Horn (GR)

Drei Abenteuer in einem Tag, nicht übel. Und als ich abends heimfuhr, war ich nicht einmal sonderlich müde. Die Hände spürte ich freilich, vom vielen Bremsen. Mehr davon später im Blog – und vorerst dies: Sie spielt im Prättigau. Strahlend war der Morgen, als ich in Fideris aus dem Postauto stieg, das mich von Schiers hinaufgetragen hatte.

Der Bus des Berghauses Arflina wartete schon, unterhalb des stillgelegten Restaurants Ritterhof stand er. Ich hatte reserviert, ein paar weitere Leute ebenfalls, wir machten es uns bequem.

Wer war Mattli?

Abenteuer eins war nun die Fahrt hinauf in die Fideriser Heuberge 1100 Meter höher: zwölf Kilometer auf einer dramatisch in die steilen Hänge gelegten Fahrpiste. Zu unserer Linken klaffte die Flanke des Malanser-Bach-Tobels wie ein Höllenschlund. Kurve um Kurve gewannen wir an Fernblick, St. Antönien am Gegenhang zeigte sich. Einmal passierten wir einen Prättigauer Scherenhag.

Eine halbe Stunde dauerte der Ritt, dann waren wir auf 2000 Metern. Was für ein Kontrast zu der Wildheit des Fahrerlebnisses: sanft und lieblich war der grüne Kessel. Die Fideriser Heuberge heissen nicht umsonst so, gern wüsste ich, wie viele Tonnen Heu sie pro Saison hergeben. Hinten begrenzte mein Tagesziel den Nahhorizont: das Mattjisch Horn. Schon wieder kam ich ins Grübeln: Wer war wohl der Matthias, Matthäus, Mathis, Matti, Mattli, dessen Name auf das Horn überging?

Ich zog gleich los, denn ich verspürte Gipfellust. Eine halbe Stunde später war ich bei der Arflinafurgga, dem Übergang ins Schanfigg; letztes Jahr waren wir von dort zur Furgga gegangen, von Peist aus. Das Mattjisch Horn hatten wir damals nicht erstiegen. Diesmal aber! Über den halb grasigen, halb kiesig-gerölligen breiten Gratrücken eroberte ich es schnell. Dem Namensteil «Horn» zum Trotz handelt es sich um einen sanften Wanderberg ohne besondere Gefahr. Einen Familiengipfel.

Oben fand ich einen kunstvoll gebauten Steinhaufen vor. Einen Wegweiser. Und ein 360-Grad-Panorama. Im Süden der Piz Ela, im Norden die Schesaplana, im Osten der Piz Buin, im Westen der Tödi und dazwischen Hunderte weiterer Berge in Grau und Weiss, die ich per Smartphone mit dem Peak-Finder zu benennen suchte.

Mit dem Bikeboard zu Tal

Schön der Abstieg nach der Rast; es sind in die Heuberge Tümpel und Seelein eingelagert, vor allem das Schottenseelein liebte ich, später auch den Unteren Cluner See. Drei Stunden später erreichte ich wieder das Berghaus Arflina, Ende von Abenteuer zwei. Wer weiss, vielleicht werde ich mich im Berghaus einmal einmieten und auch den Glattwang machen. Oder hinüber zum Weissfluhjoch halten.

Ich ass draussen, meine Rösti mit Spiegelei war sehr gut. Toll der eiskalte Waschlappen, den mir die Serviererin brachte. Nun hätte ich den Bus talwärts nehmen können. Trotz meiner 53 Jahre entschied ich mich für die juvenile Alternative. Abenteuer Nummer drei: das Bikeboard, das ich mietete. Ein dreirädriges, perfekt gefedertes Trottinett mit einer Surfbrett-artigen Stehfläche. Los ging es, ich sauste und brauste, natürlich war ich behelmt. Unten in Fideris, wie gesagt, hatte ich den Krampf in den Händen. Aber auch eine sehr gute Laune. Was für ein ereignisreicher Tag!

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Route: Fideriser Heuberge, Berghaus Arflina – Arflinafurgga – Mattjisch Horn – Padels, Obersäss – Berghaus Arflina.

Wanderzeit: 3 Stunden.

Höhendifferenz: je 540 Meter auf- und abwärts.

Wanderkarte: 248 T Prättigau, 1:50’000.

GPX-Datei: Hier downloaden.

Hin und zurück: Der – private – Bus von Fideris Dorf zu den Heubergen fährt am Wochenende ab 9.30 Uhr jeweils zur halben Stunde, Talfahrt ist jeweils zur vollen Stunde bis und mit 16 Uhr. Unter der Woche ab sechs Personen auf Anmeldung. Die Busfahrt hin und retour kostet 13 Franken, für Kinder 10 Franken, für Familien 40 Franken.

Charakter: Leichte Wanderung, die bloss ein Minimum an Trittsicherheit verlangt. Familientauglich. Unglaublich aussichtsreich.

Höhepunkte: Die Fahrt im Bus von Fideris in die Heuberge. Der Rundblick vom Mattjischhorn. Das Fussbad im Schottenseeli ganz nah am Weg.

Kinder: gut machbar.

Hund: keine Probleme.

Einkehr: Berghaus Arflina, derzeit durchgehend offen.

Bikeboard: Statt den Bus zu nehmen, kann man die Talfahrt auch auf dem Bikeboard absolvieren, einem dreirädrigen Trottinett. Die Fahrt ist lang, circa 45 Minuten. Vorsicht, Gegenverkehr von unten! Mit dem Bikeboard mietet man auch den Helm, 19 Franken.

Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.

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Der Beitrag Zwei Höllenritte und eine sanfte Wanderung erschien zuerst auf Outdoor.


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