Diese Woche aus dem Furttal über den Altberg ins Limmattal (ZH)
Als ich das letzte Mal auf dem Altberg war, gab es den Aussichtsturm noch nicht. Ihn will ich mir zuführen; bei bestem Spätherbstwetter fahre ich mit der S 6 von Zürich ins Furttal, habe bald rechts die Lägern und links besagten Altberg.
Otelfingen-Golfpark, sagt die Stimme aus dem Zuglautsprecher, ich steige aus und sehe Leute mit diesen länglichen Golfchäreli, die sportiven Dreirad-Kinderwagen ähneln. Mein erstes Ziel ist nun das Dorf Dänikon. Auf dem Strässchen ziehe ich durch das Golfareal, das übrigens der Migros gehört, komme am öffentlichen Golfrestaurant vorbei, überquere den Furtbach. Als ich zurückblicke, sehe ich auf dem Lägernkamm die Radaranlage der Firma Skyguide, die den Verkehr auf dem Flughafen Zürich überwacht.
Biberfladen, mmmh
Dänikon ist schnell durchquert. Hernach geht es kurz mal steil aufwärts, ich wähle die Direttissima, die Alternative wäre ein gewundenes Waldsträsschen. In einer Laubrinne steige ich auf, im feuchten Boden zeichnen sich Bike-Reifenspuren ab, ich sehe Pilze, atme den Geruch des feuchten Spätherbstlaubes.
Oben erblicke ich gleich den Turm, gut sieht er aus, massiv. Keuchend erklimme ich ihn, die Stufen sind für meinen Geschmack zu sportiv. Er ist ganz aus Holz, und oben ist die Sicht toll, auch wenn mir der Alpenkranz versagt bleibt; zu viel Dunst in der Luft. Ausgiebig beschaue ich das Furttal, aus dem ich kam. Und das Limmattal, in das ich will.
Angesichts der Waldschenke, wie das alte Wirtschäftchen auf dem Altberg gleich beim Turm heisst, kommt mir eine historische Anekdote in den Sinn. Das Ehepaar, das in den 1920er-Jahren hier wirtete, liess die schweren Steine für den Wegbau mit einem Wagen heranschaffen. Vor den Wagen spannte es seine kleinen Töchter – ein krasser Fall von Kinderarbeit.
Ein paar Leute sitzen auf den Bänken im Freien. Mir ist das zu kalt. Drinnen finde ich die engen Sitzbuchten aus Holz gemütlich; freilich kann das schnell eng werden. Ich hole mir am Ausgabeschalter einen Kaffee und freue mich, dass es gefüllten Biberfladen, nicht zu verwechseln mit Biber, gibt. Ich greife mir ein Stück des weichen, brotartigen Kuchens und fühle mich gleich in meiner Appenzeller Kindheit. Am Nebentisch lassen ein paar alte Biker handylose Zeiten aufleben. Der eine erzählt, wie die Nachbarn damals kein Telefon hatten und bei ihm zu Hause telefonieren konnten. Seine Mutter habe dann jeweils zusätzlich zur Gesprächsgebühr 20 Rappen Apparategebühr verrechnet.
Hänsel und Gretel sind auch da
Aufbruch. Es beginnt die zweite Etappe, ich will nach Weiningen. Ein sauber befestigter Treppenweg mit Geländern führt die steile Halde hinab. Unten passiere ich Holzskulpturen, der Bub und das Mädchen sind doch wohl Hänsel und Gretel, die Frau mit dem spitzen Hut und dem Besen folglich die Hexe.
Schön leicht das Stück vorbei an der Lichtung Bruderberg, ich gehe nun auf einem Forststrässchen. Als ich aus dem Wald trete, sehe ich weit vorn den Uetliberg mit der Antenne. Etwas später ist da der Langenmoos-Weiher, der idyllischer nicht sein könnte, er beschert mir ein Glücksgefühl. Als ich bald darauf am Lindenplatz in Weiningen auf meinen Bus warte, denke ich, dass diese Wanderung ein kleines Wunder ist: so viel Siedlungsraum und Agglo rundum und doch so viel beruhigende Natur.
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Route: Otelfingen-Golfplatz (Station der S 6 zwischen Zürich und Baden) – Dänikon – Altberg – Bruderberg – Langenmoos – Weiningen Lindenplatz (zwei Buslinien, entweder zum Bahnhof Schlieren oder nach Zürich-Höngg/Bahnhof Altstetten).
Wanderzeit: 2 Stunden.
Höhendifferenz: je circa 220 Meter auf- und abwärts.
Wanderkarte: 215 T Baden und 225 T Zürich, 1:50’000.
GPX-Datei: Hier downloaden.
Charakter: Leicht. Etwas steil ist der Treppenweg gleich nach dem Altberg hinab Richtung Weiningen; man kommt aber auch sanfter hinab. Aussichtsreiche, abwechslungsreiche, erstaunlich natürliche Route in Anbetracht der nahen Agglo. Perfekt für Familien.
Höhepunkte: Der Rundblick vom Turm auf dem Altberg. Die Einkehr in der Waldschenke beim Turm. Der Langenmoos-Weiher. Der Dorfkern von Weiningen mit den Riegelbauten.
Kinder: Bestens geeignet.
Hund: Der Abgang vom Altberg nach Weiningen über den Treppenweg führt ein paar Meter über ein pfoten-feindliches Metallgitter.
Einkehr: Am Anfang (öffentliches Golfrestaurant im Golfpark Otelfingen) und am Schluss in Weiningen. Waldschenke Altberg: Di Ruhetag. Einfache Speisen, auf Vorbestellung gibt es ab zwei Personen Freiburger Fondue.
Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.
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Der Beitrag Ein krasser Fall von Kinderarbeit erschien zuerst auf Outdoor.